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Weihnachten - Ein Fest der Begegnung

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Predigt von Tadeusz Prokop

Ein Fan der Weihnachtskrippe
In unserer Kirche wird jedes Jahr zu Weihnachten eine Krippe aufgestellt, die aus der Krippenstadt Krakau stammt. Sie ist keine typische Krakauer Krippe - diese sind märchenhaft bunt und ihre Details sind der Architektur der Stadt entnommen, geschmückt mit Türmchen, Arkaden, Balustraden und Mosaikfenstern.  Auch in meinem Arbeitszimmer steht eine, wenn auch viel kleinere Weihnachtskrippe aus Krakau. Ähnlich wie Franz von Assisi, der als  Erfinder der Krippen gilt, bin ich ein großer Fan davon. Zwar stehe ich nicht wie er in Ekstase vor dieser bildhaften Darstellung des Geschehens von Bethlehem, tränenüberströmt - aber sicherlich voll geistlicher Freude.

Krippenbild - ein Leben vor Weihnachten

Dieses Mal habe ich etwas Mühe mit der Weihnachtskrippe bekommen. Nicht aber wegen dem etwas komplizierten Aufstellen dieses schönen Kunstwerkes. Mein Krippenschnitzer war  nicht nur ein begnadeter Künstler -  er hat auch etwas von der Bautechnik verstanden die einiges an Geschicklichkeit verlangt. Es wurde mir bewusst, dass unsere Weihnachtskrippen eigentlich dem Weihnachtsevangelium - wie etwa bei Lukas erzählt - gehörig widersprechen! Das Bild der Krippe mit einem kleinen Esel und einem Ochsen, mit dem Kind, das auf Heu gebetet wurde, mit Hirten, den Engeln, dem Stern, der Heiligen Familie und den Weisen aus dem Morgenland, ist ein erstarrtes, eingefrorenes. In der Krippe ist keine Bewegung! Fotografen würde dazu sagen: das ist ein echter Schnappschuss, eine Momentaufnahme! Alles erscheint gleichzeitig, ist an seinem Platz fixiert.  
Geistlich spiegelt so ein Krippenbild das Leben vor Weihnachten. Das Leben vor Weihnachten ist ohne Bewegung, ohne geistliche Unruhe. Alles läuft seinen gewohnten Weg und hat seinen fixen Platz. Auch im Leben der weihnachtlichen Figuren passiert bis dahin nichts aaußergewöhnliches: die Hirten mühen sich bei ihrer Arbeit ab, Maria bereitet sich auf die Heirat mit Josef vor, Josef geht seiner Zimmermeisterarbeit nach, die Weisen studieren ihre Bücher, die Engel verrichten ihren Dienst im Himmel.

Das Leben nach Weihnachten - Bewegung und Dynamik
"Das Leben vor Weihnachten" ! Denn das Leben nach Weihnachten ist voll Bewegung und Dynamik!
Dorothee Sölle, eine deutsche evangelische feministische Theologin und Pazifistin schrieb ein kurzes Gedicht mit dem Titel: "In dieser Nacht". Es spiegelt die Unruhe des Weihnachtsgeschehens wieder:
"In dieser Nacht  verließen die sterne ihre angestammten plätze/und zündeten lärmfeuer an/überschallschnell/in dieser nacht verließen die hirten ihre arbeitsstellen/und schrien sich in die verkrusteten ohren die neuen parolen/in dieser nacht verließen die füchse die wärmenden höhlen/und der löwe wiegte den kopf/"das ist das ende die revolution"/in dieser nacht liefen die rosen der erde davon und fingen das blühen an/im schnee“.
Der Aufbruch zum Leben nach Weihnachten fängt mit dem Hören an. Ich kann mich noch gut an den Fernsehgottesdienst erinnern, den ich vor Jahren gesehen habe.  Es war eine Art Talk-Gottesdienst aus den USA. Eingeladen wurde die schönste Amerikanerin des Jahres 1995.  Sie ist gehörlos und eine gläubige Christin. Sie hat das Gehör mit 18 verloren. Sie sagte: «Meine Gehörlosigkeit hat dazu geführt, dass ich noch mehr auf Gottes Wort und seine Stimme höre».  Für  die ehemalige Miss Amerika  ist das Gehörlos-Sein ein Geschenk. Mit ihrem Tanz möchte sie Gott für dieses Geschenk danken.
Im Gegensatz zu vielen Menschen bei denen es beim Hören bleibt, löst die gehörte  Botschaft bei den Figuren der Weihnachtskrippe  Bewegung aus.   Maria besucht ihre Verwandte Elisabeth und erzählt von großen Dingen, die Gott getan hat. Die Hirten sind zutiefst bewegt und suchen das neugeborene Kind auf. Die Weisen folgen dem Stern. Josef hört auf die Warnung des Engels und flieht mit Maria und dem Kind Jesus vor Herodes nach Ägypten.

Traum von einer weihnachtlichen Gemeinde
Während ich vor einigen Tagen an meinem PC saß und  mir über diese Predigt Gedanken machte, habe ich im Hintergrund kurze Briefe mit einem Mitarbeiter ausgetauscht. Ich habe vor ihm meine Seele geöffnet  und ihm meinen Traum von weihnachtlichen Menschen erzählt. Ich habe nämlich einen Traum!  Ich träume davon, dass  Menschen ihre vorweihnachtliche Ruhe und Bequemlichkeit, ja ihre geistliche Trägheit überwinden  und sich von Gott in Bewegung bringen lassen. Ich träume davon, dass Menschen die frohe Botschaft nicht für sich allein behalten, sondern das Gesehene und Erlebte weitererzählen und dadurch auch andere in Bewegung bringen. Ich träume davon, dass Menschen über die Worte Jesu erschrecken wenn sie hören: "Wer sein Leben gewinnen will, der wird es verlieren" und "Lasst die Toten die Toten begraben" und dass sie sich auf den Weg machen: zu einer neuen Kirche, einer anderen Gesellschaft, zu den Menschen, zu sich selbst, zu Gott. Ich träume davon, dass sie echt umkehren und dass nach der Begegnung mit diesem Jesus nichts mehr so sein wird wie es vorher  war.
Mein Mitarbeiter hat sich beim Austausch auf das Gespräch mit mir und meine Träume eingelassen. Abschließend teilte er voll Hoffnung mit: "Lass uns bald durchstarten!" Da kommt mir ein Gebet von Andrea Schwarz (gefragte Buchautorin) auf die Lippen: "Dein Friede möge auf uns herabsteigen/dein Friede möge uns unruhig machen/dein Friede möge uns auf die Suche schicken…Dein Friede sei mit uns!"

 

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